Koordinierungsstelle für die Erhaltung des schriftlichen Kulturguts (KEK) fördert Restaurierung von zwei Urkunden-Rotuli

In seiner Urkundenreihe verwahrt das Stadtarchiv Nürnberg zwei Urkunden aus dem 14. Jahrhundert, die durch ihre äußere Form völlig aus dem Rahmen fallen: zwei „Rotuli“ (lat. rotulus = Schriftrolle) aus den Jahren 1389 und 1409. Schriftrollen (aus Papyrus bzw. Pergament) waren in der Antike weit verbreitet, bevor sich die heutige Buchform des Kodex durchgesetzt hat, ein gebundener Block aus Papyrus- bzw. Pergament- und später Papierseiten. Papier-Rotuli finden sich im Mittelalter vor allem bei Schriftgut aus dem Bereich des Rechtswesens und der Wirtschaftsführung, sind aus dieser Zeit aber nur selten überliefert. Ein Ausschnitt des Rotulus von 1409 ist im Headerbild des Blogs Stadtarchive in der Metropolregion zu sehen.

Papierrotulus von 1409

Protokoll eines Prozesses der Kirchenmeister der Kapelle zu Kalchreuth gegen den Pfarrer von Heroldsberg über dessen Amtspflichten in Kalchreuth. Unvollständiger Rotulus, 3.5.-28.28.1409 (Stadtarchiv Nürnberg A 1, 1409 Mai 3 - Foto: Julia Kraus)

Beide „Rollen“ sind ca. 16 cm breit und bestehen aus vielen einzelnen, mit Heftfaden aneinandergenähten Papierblättern: Der ältere Rotulus ist knapp 3 Meter lang, der jüngere misst über 6 Meter. Sie enthalten Niederschriften über den Verlauf von zwei Prozessen (Datierung: 10. September bis 22.Oktober 1389 bzw. 3. Mai bis 21. August 1409) mit diversen Zeugenaussagen, sind allerdings beide nicht vollständig überliefert, so dass der dokumentierte Rechtsvorgang in beiden Fällen nicht abschließend geklärt werden kann. In der Beständedatenbank des Stadtarchivs Nürnberg sind beide Urkunden durch Kurzregesten erschlossen und können über die Bestandssignatur A 1 in Verbindung mit dem Datum (auch über die Online-Recherche) aufgerufen werden.

Niederschrift über den Verlauf eines Prozesses mehrerer Nürnberger Bürger gegen den Recktor der Kirche von Langenzenn. Unvollständiger Rotulus, 10.9.-22.10.1389 (Stadtarchiv Nürnberg A 1, 1389 Sept. 10 - Foto: Julia Kraus)

Niederschrift über den Verlauf eines Prozesses mehrerer Nürnberger Bürger gegen den Recktor der Kirche von Langenzenn. Unvollständiger Rotulus, 10.9.-22.10.1389 (Stadtarchiv Nürnberg A 1, 1389 Sept. 10 - Foto: Julia Kraus)

Die beiden Rotuli weisen deutliche alters- und benutzungsbedingte Schädigungen auf: Das brüchige Papier ist verfärbt und an vielen Stellen stark verschmutzt, die Ränder sind stark ausgefranst und teilweise eingerissen, die aufgedrückten Siegel nur fragmentarisch erhalten. Schutzmedien wie Kopien, Reproduktionen oder Faksimile, die interessierten Benutzern anstelle der Originale vorgelegt werden könnten, sind bislang noch nicht vorhanden. Damit die fragilen Dokumente nicht weiter in ihrer Substanz geschädigt werden, mussten sie – wie eine Reihe anderer Archivalien mit schwereren Schäden auch – für die Benutzung gesperrt werden.

Restaurierungsbedürftig: 6 Meter Papier, zu einer Schriftrolle zusammengebunden. (Stadtarchiv Nürnberg A 1, 1409 Mai 3 - Foto: Julia Kraus)

Restaurierungsbedürftig: 6 Meter Papier, zu einer Schriftrolle zusammengebunden. (Stadtarchiv Nürnberg A 1, 1409 Mai 3 - Foto: Julia Kraus)

Für die anstehende Restaurierung bzw. konservatorische Sicherung, die eine Digitalisierung der fragilen Dokumente ermöglichen soll, hat das Stadtarchiv bei der Koordinierungsstelle für die Erhaltung des schriftlichen Kulturguts (KEK) im Rahmen der Ausschreibung 2015 Fördermittel beantragt – und bewilligt bekommen. Die bei der Staatsbibliothek zu Berlin angesiedelte KEK hat kürzlich bundesweite Handlungsempfehlungen zur Erhaltung des schriftlichen Kulturguts in Archiven und Bibliotheken vorgelegt. Seit 2010 fördert sie mit Mitteln, die von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) und der Kulturstiftung der Länder (KSL) jährlich bereitgestellt werden, ausgewählte Bestandserhaltungsprojekte. Die Restaurierung der beiden Papier-Rotuli des Stadtarchivs Nürnberg, die derzeit von einer hoch qualifizierten Restauratorin durchgeführt wird, ist eines von 39 bundesweiten Modellprojekten, das von der KEK 2015 unter dem Motto „Vergessene Kostbarkeiten“ gefördert wird.

KEK - Koordinierungsstelle für die Erhaltung des schriftlichen Kulturguts

 

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